"conText: Das kleine Gedicht, der weite Gedanke"
Vom 25.06.-03.08. an und bei katholischen und evangelischen Innenstadtkirchen in Bamberg
Die Lyrikerin Nora Gomringer bringt im Rahmen der Eröffnungsfeier des Projektjahres "Unsere (Um)Welt - Hoffen und Handeln. 10 Jahre Laudato si'" am 25. Juni um 17:00 Uhr im Bamberger Dom Gedichte ihres Vaters Eugen Gomringer in den Kontext mit Schöpfungsverantwortung - auch für Bücher, Texte, Worte. Die Texte wehen als Fahnen an:
- Hoher Dom St. Peter und St. Georg zu Bamberg
- Domplatz
- Staatsbibliothek Bamberg
- St. Stephan/Stephanshof
- Pfarrkirche Unsere Liebe Frau (Obere Pfarre)
- St. Martin
- Erlöserkirche
EINFÜHRUNG (Nora Gomringer)
Von Umberto Ecco stammt das verschmitzte wie ernste Zitat: „Wir haben nicht nur die Wale, die Mönchsrobben und die Bären in den Abruzzen zu retten, sondern auch die Bücher.“ Dem legendären Autor des „Namen der Rose“ steckt also ökologische Fürsorge im Erinnern, Wertschätzen und Bewahren von Texten.
Leicht reiht sich dieser Gedanke an die zahllosen Appelle an Leserinnen und Leser, aber auch an Politiker und Kritiker, Schriften, Bücher, Archivalia, Texte, mündliche wie verschriftlichte zu bewahren, sie uns Hüter des Gedankengutes von Generationen und damit Wegweiser für die Zukunft sein zu lassen. Lesen und Schreiben sind Fertigkeiten, die längst nicht allen Menschen mitgegeben werden, ihnen in manchen Teilen der Erde bewusst verwehrt bleiben.
Lesen und Schreiben sind kostbare Tätigkeiten, die die Menschen zueinander führen und sie in der Welt halten können. Sie sich ihrer versichern können und anderen gegenüber ausweisen lassen. Der schweizerisch-bolivianische Dichter Eugen Gomringer wurde 1925 in der Urwaldstation Cachuela Esperanza als Sohn einer Analphabetin geboren und hat sich esperanza, also Hoffnung, für die Arbeit als Dichter mit dem Werkstoff Sprache als verbindendes Medium bewahrt.
Viele der Texte, die auf den verschiedenen Fahnen dem Wind wie auch dem Blick des vorbeielenden Betrachters preisgegeben sind, sind einfachste Sinneinheiten. Manche ergänzen sich zu Sätzen, manche bestehen aus genau dem Vokabular, das Migratinnen und Migranten beim Ankommen in Deutschland beigebracht wird: Infinitive, Befehle, erste Sinneinheiten in der neuen Sprache. Trotz aller Erfassbarkeit im Moment, geben diese Texte ihren Betrachtern Gedankenmaterial mit auf den Weg, sind Anstoß und Abprall zugleich.
Der Dichter sieht seinen Anteil an den Tätigkeiten der Menschen im Vorsatz, mit einfachen Worten Nachhall zu erzielen, Freude zu bereiten, Gemeinsames aufzuzeigen, selbst schöpferisch zu inspirieren. Nicht umsonst bietet die konkrete poesie wie kaum eine Form der Lyrik unmittelbare Teilhabe, lässt sich nahezu verlustfrei in andere Sprachen übertragen, ist nicht abgehoben oder abgeschlossen. In Oberfranken sprach einst Jean Paul von der „Sprachkürze“, die „Denkweite“ schenke. Gomringer hat diesen Satz tief verinnerlicht und stellt seine Texte so konzentriert und „klein“ sie wirken mögen, ganz darauf vertrauend vor die Vielheilt der Welt und Schöpfung.
Am 25. Juni 2025 wird Nora Gomringer die verwendeten Gedichte des Dichters Eugen Gomringer, ihres Vaters, in einer kurzen Rede kontextualisieren.